Sonntag, 25. Februar 2007

Ich trage eine Brille

Ich trage eine Brille. Für die Menschen, die mich kennen, ist das nicht weiter verwunderlich, habe ich dieses Ding doch stets und offensichtlich auf meiner Nase – schon morgens beim Aufstehen ist der erste Griff der nach der Augenprothese. Meine Brille ist derjenigen meines Bruders ziemlich ähnlich, wenn wir die Modelle tauschen würden, fiele das der Außenwelt nicht weiter auf – da sich unsere Dioptrienstärken, Hornhautverkrümmungen und was es nicht sonst noch alles gibt, aber unterscheiden, sieht für uns die Welt durch die Brille des anderen ziemlich anders und manchmal etwas merkwürdig aus.

Ich trage aber auch eine Brille (oder: mehrere Brillen), die man nicht so einfach und von außen erkennt. Brillen, die mir selbst selten bewusst sind, die aber da sind, sich vielfältig kombinieren lassen und meine Sicht auf die Welt bestimmen, die unterschiedliche blinde Flecken haben, die mal getönt sind und mal nicht, die hin und wieder einen deutlichen Rand erkennen lassen…

Eine kleine Auswahl: Da wäre zunächst einmal
>> das rosafarbene Basismodell „Frau“, mit dem ich immer mehr auf Beziehungen und Menschen sehe, statt abstrakte Dinge wahrzunehmen…
>> das stabile, manchmal etwas altbacken wirkende (aber bewährte) Hornbrillenmodell „Christ“ mit den geteilten und teils getönten Gläsern, das mich oft genug dazu bringt, meine Welt schwarz/weiß in Nichtchristlich/ Christlich einzuteilen, und über Abweichungen vom christlichen „Standard“ zu meckern und über Probleme zu jammern, die sich mir als Christ in der Welt stellen…
>> das rahmenlose und biegbare Designermodell „Post+moderne“, dessen ich mir (aus gegebenem Anlass) mehr und mehr bewusst werde – und das oft genug nicht mit dem Blick durch das Modell „Christ“ harmoniert, zwischen den Welten schwankt…
>> ...

Ich laufe mit meinen Brillen durch die Welt, sie bestimmen mein Menschenbild, meine Herangehensweise ans Leben, meinen Umgang mit Menschen.
Wenn wir darüber reden, wie Kirche für eine Generation, die aus der Übergangszeit in die Postmoderne hineinwächst, aussehen soll, muss ich kapieren, welche Brillen ich trage, und welche sich wann in den Vordergrund schiebt. Vielleicht gelingt es, den bisher eingestellten Autofokus von den Problemen und Hindernissen, die postmodernes Denken mit sich bringt, auf die Chancen und Anknüpfungspunkte zu lenken.

Welche Brillen tragen die Menschen um mich rum - wenn ich die Brillen meines Bruders oder meiner Freunde aufsetze: muss dann alles unscharf und etwas merkwürdig sein, oder kann es nicht vielleicht doch gelingen, damit ein Stückchen der anderen Weltsicht zu bekommen (ich weiß, dass das bei den realen Brillen nicht geht, es sei denn die Augen gleichen sich in ihrer Fehlfunktion an... hier hinkt der Vergleich gewaltig) - und zu sehen, wie die Welt auch anders aussehen kann, oder wo wir fast auf einer Wellenlänge liegen?

Mehr zum Emerging Forum bei Read. Think. Pray. Live. und vielleicht auch bald im Forum selbst.

Was die letzte Woche über geschah…

Lange nichts geschrieben… die Zeit verfliegt. Und auch, wenn sich hier in der virtuellen Welt nichts tut, so passiert in der Realität doch eine ganze Menge. Einige Schlaglichter für alle, die auf dem Laufenden bleiben wollen:

Jugendkreis-Freizeit

Zusammen mit meinem alten Jugendkreis war ich übers Wochenende weggefahren – und es tat gut, mal wieder für ein paar Tage aus der studentischen Welt rauszukommen, lange Gespräche zu führen, und es zu genießen, dass es – obwohl ich lange nicht mehr mit meinen Freunden zusammen gewesen war – doch keine 5 Minuten dauert, bis man sich wieder aneinander gewöhnt hat, Herzlichkeit und Offenheit mit Händen greifbar ist… das tut gut. Ich hatte für den Samstagnachmittag einen Mädels-Workshop vorbereitet, sozusagen einen „Beauty-Workshop für die Seele“, vor allem mit Blick auf die Probleme und Fragen, die sich einem als Mädchen bzw. junge Frau im Alter 15-20 so stellen (manchmal denk ich, dass die Referentin bei der Vorbereitung mal wieder selbst mehr gelernt hat, als die Teilnehmerinnen) – Ausgangspunkt war jedenfalls nicht Make-up und Parfum, sondern Sprüche 4,23.
Ich habe es auch genossen, lange Gespräche mit Leuten zu führen, die früher bei mir im Teeniekreis waren, und zu sehen und zu hören, wie sie sich persönlich und auch geistlich weiterentwickelt haben – und mich einfach über sie zu freuen!

Wenn man mit ein bisschen Abstand zum Geschehen einen Blick auf die Gruppe wirft, dann fällt einem einerseits auf, was sich alles positiv verändert hat, aber auch, wo (Struktur-)Probleme da sind, die angegangen werden sollten – mit Sicherheit wird sich da in nächster Zeit was tun (müssen).


Entspannen

Ich dachte ja, bevor ich mir eine Auszeit vor der Examenslernerei nehme, sollte ich wenigstens die benötigte Literatur zusammen getragen haben – allerdings ging dieser Plan nicht auf und ich war mit mir selbst unzufrieden, weil unproduktiv – und so hab ich dann doch endlich meine Sachen gepackt und bin nach der Jugendkreisfreizeit für eine Woche zu meinen Eltern gefahren. Um auszuspannen, zu kochen :-), spazieren zu gehen, mit meiner Mum viel Kaffee zu trinken, Freundschaften zu pflegen und zu fotografieren.

„Meistens jammern wir nur darüber, dass wir uns so selten sehen – warum tun wir dann aktiv nichts dagegen?“, so Bettinas O-Ton… und so haben wir was getan… Eis essen, und Spazieren gehen… viel reden, gemeinsam lachen, Probleme wälzen und einander auf den Zahn fühlen… bin ich froh, dass ich hier nicht immer alles sagen muss, sondern dass manchmal ein Blick und ein Grinsen ausreichen!

Eine Woche nichts für die Uni tun, sondern einfach Mensch sein… mit Menschen reden, die sich in mich investiert haben und dies noch immer tun – und sehen, auf welchem Weg Menschen sind, in die ich mich investiert habe…

Jetzt sitze ich wieder in meinem geliebten Würzburg - und hab dennoch noch ein paar Probleme, wieder richtig anzukommen... da wo ich bin, will ich ganz sein. Im Moment läuft mein Körper schon hierrum, mein Kopf und mein Herz dagegen hängt noch in Rothenburg und Umgebung...

Dienstag, 13. Februar 2007

Walk by faith


found on youtube


Will I believe you when you say
Your hand will guide my everyway
Will I receive the words you say
Every moment of every day

I will walk by faith, even when I cannot see
Well because this broken road prepares Your will for me

Help me to rid my endless fears
You've been so faithful for all my years
With one breath You make me new
Your grace covers all I do

Well I'm broken, but I still see Your face
Well You've spoken, pouring your words of grace


Jeremy Camp: Walk by Faith
(Carried me: The Worship Project, 2002)


Musik... hab ich heute ausgegraben und mir daran die Fingerkuppen wundgespielt... ich würd mich grade zwar nicht als "broken" bezeichnen, und doch kann ich den Song ziemlich gut nachempfinden... ich schwanke oft zwischen einem Staunen über Gott (gestern fuhr ich wieder mit dem Bus an all den von den Abgasen kaputten Bäumen in der Stadt vorbei, wieder fasziniert, wie durch die ganze Verwundung und Zerfressenheit der Rinde doch immer noch die Perfektion durchscheint, mit der diese Bäume vom Schöpfer erdacht worden sind...) und einem Zweifeln an ihm, wenn ich mir z.B. die Zähne an Versen wie 1. Kor 1,18 ausbeiße... oder auch, wenn ich im ein oder anderen Bereich meines Lebens an Gottes Fürsorge für grade meine Wenigkeit zweifle... das grundsätzliche Vertrauen bleibt gleich... I will walk by faith, even when I cannot see... Da kann ich viel mit dem Text anfangen...

Ein ander mal mehr Intellektuelles oder Privates... für heute:
ein anrührendes Stück Musik.

Sonntag, 4. Februar 2007

Bin ich postmodern?


Gefunden bei emergingForum.

Die CC startet Ende Feb/ März das sog. emergingForum wo Gedanken und Ansätze einer neuen Kirche für eine neue Generation gedacht, bebetet und diskutiert werden sollen - und ich freu mich drauf...

Wenn ich mir die letzten 4 Jahre Studium und Leben hier in Würzburg anschaue, dann bemerke ich zunächst einmal, um wieviel breiter mein Spektrum an Gemeindevorstellungen geworden ist, und welche Entwicklung ich von meiner landeskirchlichen Herkunft über und mit der SMD bishin zu meinem heutigen Standpunkt vollzogen habe. Ich kann sagen, dass die Gottesdienste meiner Gemeinde jetzt viel mehr meinem Wesen und meinen Ausdrucksformen entsprechen, als dies früher im Gottesdienst meiner Heimatgemeinde der Fall war.
Ich entdecke im Rückblick auf die letzten Jahre aber auch, wie sehr und wie oft mein christlich-heimeliges Weltbild, das ich eben so mit 18/19 Jahren hatte, in Frage gestellt worden ist, von außen oder auch von mir selbst... dass ich manches neu durchdacht habe, auch im Hinblick darauf, wie ich anderen verständlich machen kann, was ich glaube.
Ich habe festgestellt, dass manche Menschen für alles offen sind und sein wollen ("wenn dir das gut tut, warum nicht..."), diese unbegrenzten Möglichkeiten (Job, Partner, Lebensplanung?) aber auch unbegrenzte Unsicherheit (Job, Partner, Lebensplanung!) in einer sich ständig verändernden und scheinbar immer schneller drehenden Welt bedeuten. Was ist noch sicher, was ist "zu Hause"?

Wenn ich mich in meiner Uni-Lebenswelt umsehe, mich selbst und meine Freunde betrachte, dann würde ich die Frage "Bin ich postmodern?" auf jedenfall bin "ja" beantworten, legt man z.B. mal den Artikel von Andi Balsam "Confessions of a postmodern mind" als "Messlatte" an...


Wir kennen alles, was man sich als Patchwork-Familie vorstellen kann.
Wir haben ziemlich früh nen Freund/ ne Freundin, heiraten aber erst spät.
Bilder sagen uns mehr als Worte.
Wir konsumieren fröhlich, obwohl wir wissen, dass die Werbung lügt.
Wir passen uns ins gesellschaftliche System ein, kein Aufbegehren, auch wenn viel schief läuft... es findet sich ja eine Nische.
Wir leben im und mit dem Internet.
Wir sind in der Welt zu Hause... Globalisierung mal anders.
Alles ist relativ, Pluralismus ist normal, "anders sein" auch.
Wir leben exzessiv und gleichzeitig bewusst.
Wir sind pragmatisch und sehnen uns gleichzeitig nach Erfüllung, die den Pragmatismus überwindet: Sinn, Ganzheitlichkeit, Klarheit, Überzeugungen.
Wir wollen unser Ding machen, und holen dafür raus, was geht.
Wir haben endlos viele verschiedene Jobs und Praktika - wir sind flexibel.
Wir brauchen nicht von einem negativen Gottesbild befreit zu werden.
Gott - wenn er denn da ist - ist für uns.
Gott ist gut, positiv, manchmal harmlos.
Wir stehen im Mittelpunkt.
Alle finden uns wichtig – zumindest als Konsumenten.
Wir sind zeitgeistkompatibel.
Wir wissen, dass vieles mit der Welt und uns ganz grundsätzlich nicht mehr stimmt. Meist haben wir nur eine vage Ahnung, was uns helfen könnte...


Kennen wir die Welt, in der wir leben?
Wie denken und glauben postmoderne Menschen?
Bin ich postmodern?


Die Frage, die sich stellt, ist, wie Kirche bzw. Gemeinde aussehen kann, die ohne Einschränkungen als innersten und festesten Grund wie als Maßstab die Bibel und ein Wirken zur Ehre Gottes hat - aber gleichzeitig den postmodernen Menschen in Form, Ausdruck, Sprache etc. entgegenkommt und gesellschaftlich relevant ist.

Lesen. Beten. Diskutieren.
Ich bin gespannt.

Freitag, 2. Februar 2007

Es geht weiter...

Man mag es kaum glauben, aber die Zulassungsarbeit ist tatsächlich fertig, ich hab sie am Dienstag abgegeben (leider gibts immer noch kein Foto von mir und meinem Werk), und war dann zur Feier des Tages auch noch auf dem Prüfungsamt, um mich für's Examen im Sommer anzumelden... Da hat man sich wochenlang mit einer einzigen Sache beschäftigt... und plötzlich ist da nichts mehr, was es zu tun gibt...
Mal ganz abgesehen von der Examensvorbereitung, die mir im Moment noch wie ein unüberwindbarer Berg erscheint.

Genauso neigt sich meine Leiterzeit in der SMD langsam ihrem Ende zu... eine definitiv ereignisreiche Zeit, mit vielen Telefonaten, Emails, Chats zu Organisationszwecken... mit viel Gebet und notwendigerweise viel Gottvertrauen... einige Sachen gilt es noch auf den Weg zu bringen und dann bin ich gespannt, ob mich das Leiterloch erwischt... wenn plötzlich nicht mehr das Telefon klingelt und man nicht mehr über alles genauestens informiert ist... hm... Information = Macht ;-)

Nach der Zimmerentrümpelungsaktion der letzten Tage, die schon so ein bisschen eine kathartische Wirkung auf mich hatte, stehen jetzt jedenfalls erstmal der SMD-Semesterabschluss und die Vorausplanungen für den Sommer an, dann freu ich mich schon auf die Jugendkreisfreizeit und meinen Mädelsworkshop... und dazu immer fleißig die Recherche fürs Examen...


Es geht also weiter...

Ich bin gespannt, was 2007 mitsichbringt, ich hab zu Beginn des Jahres einige ziemlich deutliche Ansagen Gottes bekommen... "prüft alles, das Gute aber behaltet!"


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Ein Vers, den ich die letzten Tage lieb gewonnen hab...

"Gott, du bist mein Gott, den ich suche. Es dürstet meine Seele nach dir, mein ganzer Mensch verlangt nach dir."
- Psalm 63,2

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